Donnerstag 14.12.2017


Lesung und Gespräch mit Ingrid Broding

Teilen im Affekt




Die Zahlen sind alarmierend: Nachrichten werden von immer mehr Menschen auf Social Media-Plattformen konsumiert, gleichzeitig kursieren ausgerechnet dort die meisten Falschnachrichten. Von bloßen Behauptungen über wilde Gerüchte bis zu bewussten Fälschungen – auf Facebook, Twitter und anderen Plattformen im Internet wird so ziemlich jeder Unsinn „gelikt“. Ingrid Broding, Publizistin mit Fokus auf die digitale Debattenkultur, hat ein Buch über „Lügen im Netz“ (Brandstätter) veröffentlicht, in dem sie der Frage nachgeht, „Wie Fake News, Populisten und unkontrollierte Technik uns manipulieren“. In der Körber-Stiftung stellt Ingrid Broding ihr Buch vor und zur Diskussion.

Neu ist politische Agitation mit Falschnachrichten nicht, ob nun am Stammtisch oder über die Medien, das klärt Ingrid Broding, die 2016 schon für ihr Buch „Hass im Netz“ mit dem Bruno-Kreisky-Sonderpreis für das politische Buch ausgezeichnet wurde, gleich zu Anfang. Dennoch warnt sie davor, sich zurückzulehnen und das, was gegenwärtig an Verblendung und Hetze verbreitet wird, einfach als gegeben hinzunehmen. Mit „gefälschten Dokumenten“ wurde schon Anfang des 20. Jahrhunderts die „jüdische Weltverschwörung“ heraufbeschworen, zu einer Welle von Falschmeldungen kam es aber auch, als im 19. Jahrhundert moderne Druckmaschinen erfunden wurden, durch die massenhaft Boulevardblätter hergestellt werden konnten. Eine der kuriosesten Meldungen damals war, „dass wilde Tiere aus dem städtischen Zoo in New York ausgebrochen wären und dutzende Menschen umgebracht hätten“. Heute werden Nachrichten auf vielfältige Weise manipuliert, völlig frei erfundene Inhalte, die bewusst täuschen sollen, sind nur eine Form davon. Doch es sind ausgerechnet diese Falschmeldungen, die ein besonders großes Publikum erreichen. Dafür verantwortlich ist auch ein Effekt, den Broding unter dem Titel „Soziale Medien als Drama-Maschine“ erklärt. Wut bringt Menschen offensichtlich zum Klicken – und die kann man mit absurden Nachrichten leicht provozieren. An dieser Stelle kommt dann die Technik ins Spiel, denn es sind die Algorithmen von Facebook, YouTube, Google und Co., die auswerten, was „gelikt“ und „geklickt“ wird. Sie entscheiden auch, welche Informationen größere Verbreitung finden, was in unserer digitalen „Echokammer“ ankommt und was nicht. Über die Regeln und Ziele ihrer Algorithmen schweigen die Konzerne jedoch beharrlich, obwohl sie heute „Vermittler der Realität sind. Sie formen, was viele Menschen über die Welt wissen.“ Facebook hat nach den Wahlen in Amerika einen Faktencheck eingeführt, der es ermöglicht, Falschmeldungen kenntlich zu machen. Die Lektüre von Ingrid Brodings „Lügen im Netz“ endet allerdings eher pessimistisch, sie befürchtet, dass es versäumt wird, „eine demokratische Kontrolle ins Netz einzubauen“, beklagt die Blockade-Mentalität der Konzerne und die Untätigkeit der Politik. Die „gefährlichste Desinformation, die derzeit kursiert“, sieht sie in der Behauptung, dass man gegen Falschmeldungen im Netz nichts tun könne. In ihrem Buch erklärt sie, was zu tun ist und gibt zusätzlich als Soforthilfe ein paar brauchbare Tipps für den Umgang mit Nachrichten im Internet.

KörberForum, Körber Stiftung, Kehrwieder 12, 19.00 Uhr, Eintritt frei. Um Anmeldung unter www.koerber-stiftung.de wird gebeten.





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