Mittwoch, 06.12.2017


Hommage an die alten Meister

„Unmögliche Liebe“

 Tristan Marquardt
Tristan Marquardt, Foto: Katja Zimmermann
Tristan Marquardt und Jan Wagner haben mit ihrer Anthologie „Unmögliche Liebe“ eine Hommage an den Minnesang vorgelegt, die verblüffend gegenwärtig klingt. Das liegt vor allem an den Übersetzungen der Lieder der alten Meister, die von fast 70 Lyriker*innen in ein klangvolles Deutsch der Gegenwart gebracht wurden. Es ist ein großes Ereignis für die deutsche Literatur, dass es bei dem kuriosen poetischen Gipfeltreffen gelingt, scheinbar mühelos die Jahrhunderte zu überbrücken. Im Literaturhaus stellen Tristan Marquardt und Jan Wagner die Anthologie zusammen mit Christian Filips, Lea Schneider und Ulf Stolterfoht, die Übersetzungen beigesteuert haben.

Sie heißen Neidhart, Walter von der Vogelweide, Muskatblut, Frauenlob, Der wilde Alexander, Steinmar, Konrad von Würzburg, Der Düring oder Oswald von Wolkenstein. Gemeinsam ist ihnen, dass sie in mittelhochdeutscher Sprache gedichtet und so etwa zwischen 1200 und 1450 in Österreich, Schwaben, in Flandern, Basel, Brixen und an vielen anderen Orten in Poetry Shows an den Höfen aufgetreten sind. Und sie alle hatten ein gemeinsames Thema, sie variierten in ihren Liedern die Vergeblichkeit der Liebe. Überliefert sind die Variationen des immer gleichen Werbens, Verehrens und Leidens eines männlichen Ichs an der Unerreichbarkeit der besten und schönsten Frau durch den „Codex Manesse“ (1300) und andere Handschriften. Im Originalton klingt das bei Frauenlob so: Mir ist ein weip / so nahen durch die augen mein / geprochen in das hertze. / nun mercket, welch ein strassen / sie ir hat erkoren. / des mus mein leip / von schulden ir gefangen sein.“ In der wunderbaren Übersetzung von Ulrich Koch wird daraus: „Mir hat eine sonnengleich / mit nur einem Blick / das Herz verbrannt. / Wißt Ihr was davon? / To-xis-che In-jek-tion. / Ihr süßes Gift, / ich bin voll davon.“ Nora Gomringer macht aus einem Gedicht von Gottfried Neifen ein Interview über eine reziproke Beziehung, bei Uljana Wolf „reitet“ Oswald von Wolkenstein „zweihebig, jambig von dannen“, und Oswald Egger transportiert ein Wolkenstein-Lied in lauter einsilbige „Wolkensteinchen“.

Die Herangehensweise der fast 70 Übersetzer*innen, die Tristan Marquardt und Jan Wagner eingeladen haben, sind so vielfältig wie die Lyrik der Gegenwart, das macht die Anthologie zu einem kuriosen Museum der Poesie unserer Zeit, dessen Exponate von den Urahnen dieser Dichtkunst entworfen, jetzt befreit vom Firniss der Zeitläufte erscheinen. Bisher sind die Gedichte des Minnesangs von Mediävist*innen, von Germanist*innen und gelegentlich auch mal von Lyriker*innen für die Gegenwart übersetzt worden. Peter Rühmkorf ist hier zu nennen, der in den siebziger Jahren einige Gedichte von Walter von der Vogelweide „endgültig aus dem Jenseits in die Gegenwart“ rettete.
Heute kommen nun viele der Liebesgedichte der alten Meister mit einem neuen Sound in der Gegenwartsliteratur an. Und der Grund dafür ist sicher auch, dass das Thema „Unglückliche Liebe“ eine sehr alltägliche moderne Erfahrung ist: „Aaaaahh! Womit hab ich denn das verdient,“ übersetzt Ulrich Koch ein Gedicht von Friedrich von Hausen, „daß sie mich so dermaßen hart rannimmt? / Die hat mir ja so das Herz entkorkt, / daß ich schon an Märchen glaub / und nur dies mittelalterliche Wip / es mir ganz ohne Rute, Wippe und whip / zu meinem großen Glück besorgt.“

Literaturhaus, Schwanenwik 38, 19.30 Uhr, 12.-/8.- Euro.


Lesung

„Die Toten“

Der Schauspieler Christoph Bantzer liest die berühmte Novelle von James Joyce.

Thalia Gauß, Ballsaal, Gaußstraße 190, 20.00 Uhr, 15.- Euro.


Lesung und Vortrag

„Große Erzählungen der Weltliteratur“

Ulrich Noethen liest aus der Erzählung „Die Rückkehr des verlorenen Sohnes“ von André Gide, Hanjo Kesting kommentiert.

Bucerius Kunst Forum, Rathausmarkt 2, 20.00 Uhr, 10.-/8.- Euro.


Lesebühne

„Randale und Liebe“

X-Mas Edition der Lesebühne mit Fabian Navarro, Bente Varlemann, Hinnerk Köhn und David Friedrich.

kukuun, Spielbudenplatz 22, 20.00 Uhr, 7.35 Euro.


Literatur und Musik

„Von drauß’ vom Walde komm ich her…“

Volker Lechtenbrink liest Heiteres und Besinnliches zur Weihnachtszeit, musikalisch begleitet von Jürgen Schröder (Gitarre).

Ernst-Deutsch-Theater, Friedrich-Schütter-Platz 1, 19.30 Uhr, 27.-/13.50 Euro inkl. HVV. (Weitere Lesung: 15.12., 19.30 Uhr.)


Podium

„Tradition - was taugt das Alte noch?“

Im Rahmen der Reihe treffen sich Peter Kümmel, Theaterredakteur bei der Wochenzeitung „Die Zeit“, und die Schauspielerin Elisabeth Schwarz, zum Gespräch über eine „Tradition im Theater“.

Freie Akademie der Künste, Klosterwall 23, 19.00 Uhr, 12.-/8.- Euro.


Vortrag und Gespräch

„Wie Balzac nach Deutschland kam“

Christine Müller und Joachim Kersten sprechen über den Hamburger Schriftsteller Hermann Schiff, einen „unbekannten Vetter Heinrich Heines“.

Heine-Haus, Elbchaussee 31, 19.00 Uhr, 10.-/3.- Euro.


Vortrag

„Mensch und Arbeit im Zeitalter von KI und Robotik“

Bucerius Lab Lecture mit Anab Jain, Kuratorin, Leiterin des Designbüros superflux.in. Moderation: Jan Ehlert, NDR. Die Veranstaltung findet in englischer Sprache statt.

Bucerius Law School, Jungiusstraße 6, 19.15 Uhr, Eintritt frei . Um Anmeldung unter www.zeit-stiftung.de/termine wird gebeten.


Staats- und Universitätsbibliothek

Büchflohmarkt

Pünktlich zum Nikolaustag lädt die Staats- und Universitätsbibliothek zum jährlichen Bücherflohmarkt. Das riesige Bücherangebot von fast 4000 Büchern umfasst alle Fachgebiete, wobei der Schwerpunkt auf den Geisteswissenschaften liegt. Die Bücher werden schon ab 1.- Euro verkauft, es gibt allerdings eine Höchstgrenze von 10 Titeln pro Käufer.

Lichthof der Staats- und Universitätsbibliothek, Von-Melle-Park 3, 9.00 – 19.00 Uhr.


Poetry Slam

„Jägerschlacht“

Offener Poetry Slam. Lesezeit: 5 Minuten. Lesen kann, wer sich kurz vor der Veranstaltung in die Leseliste eintragen lässt. Moderation: Jasper Diedrichsen

Kampf der Künste, Grüner Jäger, Neuer Pferdemarkt 36, 20.30 Uhr, 4.- Euro.


Lesebühne

Textlabor Bergedorf

Offene Lesebühne, bei der Texte vorgetragen, gesungen und natürlich auch geslamt werden dürfen. Wer vorlesen möchte, meldet sich ab 18.45 Uhr an. Musik: Duo Ungeniert und Duo Jade Lagoon.

BeLaMi, Holtenklinkerstr. 26, 19.30 Uhr. Eintritt frei. Weitere Infos gibt es auf der Website des Textlabors unter www.textlabor-bergedorf.de.

Literatur in Hamburg