Sonntag 18.02.2018


Lesung mit Farhad Showghi

Schneebeere holt Sonnenlicht

Farhad Showghi
Farhad Showghi, Foto: G2 Baraniak
Wenn »das unstete Auge die Stunde« ausspäht, wie es in einem Gedicht von Edmond Jabès heißt, »da der Mensch dem Menschen nachgibt», sind wir mittendrin, in dem großen Aufriss, den Farhad Showghi in seinem Gedichtband »Wolkenflug spielt Zerreißprobe« (Kookbooks) betreibt. Der Hamburger Arzt und Dichter ist mit seinen Gedichten in wunderbaren Variationen dem Sagbaren auf der Spur, in Seitenstraßen, beim Wäsche zusammenlegen, unentwegt, Punkt für Punkt und in einem ganz unverwechselbaren Sound. Im April wird er für »Wolkenflug spielt Zerreißprobe« mit dem renommierten Peter-Huchel-Preis 2018 ausgezeichnet.

Es gibt einen großen intertextuellen Rahmen, den man bei der Lektüre von Farhad Showghis Gedichten als Referenz mitlesen und bedenken kann. »Mir ging es auch um Wege der Wahrnehmung«, schreibt er sehr profan in einem Vorschautext zu seinem Buch, der sich auch unauffällig zwischen die Gedichte des Bandes schmuggeln ließe. Doch man muss weder Lacans Credo vom »Unbewussten«, das »strukturiert ist wie eine Sprache« kennen, noch Positionen der postrukturalistischen Lyrik, um diese Gedichte zu verstehen. Auf die Schliche kommt man ihnen auch, indem man sie einfach als das liest, was sie sind: hoch reflektierte, poetische Fassungen des Sagbaren. Sie verhandeln das »Anfeuern« und das »Hinschmeißen« ebenso wie das »Loslegen« und »die weite Fahrt«, sie finden »Die Knöpfe am Hemd« so beachtenswert wie die »Strauchschattenwelle«, die »Wolkenreserve« und »die Schneebeere«, die sich »Sonnenlicht« holt. Was diese Gedichte allerdings doch erfordern, ist Zeit – dafür sich zurückzulehnen, den Kopf anzuheben und hinauszuschaun.

Literaturzentrum im Literaturhaus, Schwanenwik 38, 17.00 Uhr, € 7,–/4,–





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