Mittwoch 21.03.2018


Lesung mit Carl von Siemens

Vibrationen im Regenwald

Carl von Siemens
Carl von Siemens, Foto: Andreas Hornoff
Er studierte Volks- und Betriebswirtschaftslehre, Philosophie und Politologie, war Unternehmensberater und Gründer und Geschäftsführer einer Web-Agentur in Hamburg. Dass er auch Essays und Kurzgeschichten geschrieben hat, die u.a. in »Rolling Stone«, »Lettre International«, »Der Freund« und »Das Magazin« erschienen sind, ist für ein Mitglied des Siemens-Clans aber doch eher untypisch. In seinem neuen Buch erzählt Carl von Siemens, Urururenkel des Firmengründers Werner von Siemens, nun von seinen Reisen. Er war auf der Suche nach dem Natürlichen und Ursprünglichen, nach Sinn, Heilung und nach dem »Tempel der magischen Tiere« (Piper Verlag).

Die erste Station seiner Reisen führt Carl von Siemens nach Australien, er will die Kultur der Aborigines kennenlernen. Doch das ist schwieriger, als er es sich vorgestellt hat, denn mit Ureinwohnern kann man sich ja nicht so einfach in einem Café verabreden. Sehr pointiert und selbstironisch erzählt Carl von Siemens davon, wie ihn seine Reise schließlich nach Alice Springs führt, wo er eine Gruppe von Aborigines bedient, die tagelang mit Tee und Sandwiches beköstigt werden. Ganz nebenbei erfährt er so eine Menge über ihre Kultur und ihre Vorstellungen von der Welt. Carl von Siemens ist damit ganz auf der Fährte von Claude Lévi-Strauss. Der große Enthnologe und Begründer des französischen Strukturalismus war davon überzeugt, dass »Das wilde Denken« indigener Kulturen und ihre ganzheitlichen und mythischen Vorstellungen von der Welt alles andere als »primitiv« sind, sondern ihnen ein tiefes Verständnis der Natur und des Lebens eingeschrieben ist. Auf der Suche nach dem Natürlichen, dem Unverfälschten, dem Ursprünglichen und dem Sinn des Lebens ist auch Carl von Siemens auf seinen Reisen, auch wenn sie manchmal nur »in die Tiefen seiner Seele« (Piper Verlag) führen.In Berlin nimmt er an einer Gruppen-Meditation teil, die Heilung von Depressionen verspricht. Für das Wundermittel, das den Meditierenden verabreicht wird, müssen sie in Kauf nehmen, von Brechreiz geschüttelt zu werden. Für Carl von Siemens wird das zum Ausgangspunkt einer Reise nach Peru, wo er in den Gebrauch halluzinogener Pflanzenmedizin eingewiesen wird. Die »Vibrationen« durch diese »Medizin« schütteln ihn auch im Regenwald kräftig durch. Ob das »animalische Selbst« dadurch Ruhe fand, darf jedoch bezweifelt werden. In Amazonien entdeckt er nicht nur die indianische Kultur, sondern auch, wie bedroht die Welt der Ureinwohner ist. Da ist die Sinnsuche dann in der Gegenwart und bei einer neuen Aufgabe angekommen.

stories! im Falkenriedquartier, Straßenbahnring 19, 19.30 Uhr, € 5,–, Anmeldung an anmeldungen@stories-hamburg.de.





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