Dienstag 21.05.2019


Lesung

Flugshow mit Jan Wagner

Alina Bronsky
Jan Wagner, Foto: Leserkreis, Wikipedia commons
Für seinen zuletzt erschienenen, höchst populären Gedichtband »Regentonnenvariationen« wurde er mit dem Preis der Leipziger Buchmesse 2015 ausgezeichnet, 2017 erhielt er den Georg-Büchner-Preis. Viel mehr kann man als Lyriker in der deutschen Gegenwartsliteratur kaum erreichen als Jan Wagner, 1971 in Hamburg geboren. Er gilt als höchst virtuoser und »bahnbrechender Botschafter der Gattung« (»Süddeutsche Zeitung«), ist aber auch als Essayist, mit »beiläufiger Prosa« und als Übersetzer erfolgreich. Seine formale Virtuosität und Raffinesse zeigt sich auch in den Gedichten seinen neuen Bandes »Die Live Butterfly Show« (Hanser Berlin). In der Bibliothek der Ohlendorff’schen Villa in Volksdorf stellt Jan Wagner das Buch vor.

Ganz gleich welches Sujet, welchen Gegenstand, welche Wesen Jan Wagner da einfängt und poetisch verwandelt, entscheidend ist: sie alle fliegen. Die Schmetterlinge holt er aus dem Netz und lässt sie Loopings fliegen, einen »kleinen Krähenhymnus« hört er in München im Englischen Garten, wo diese »gegenschwäne« alles andere als ein »rokoko« anstimmen, »wolkenstudien« betreibt er »stundenlang in einem feld« und lernt: »wer wolken zusah, wurde selbst zu wolken«. In einem großartigen Auftaktgedicht erzählt er von einem alten Biker im riesigen Montana, der wie »eine mumie aus der bronzezeit« erscheint und sich fragt, wie ein Reiher ausgerechnet den kleinen Teich finden konnte, den er hoch in den Bergen vor vielen Jahren für seine Frau ausgehoben und dort zehn japanische Karpfen für sie ausgesetzt hat. Er sieht den Reiher davonfliegen, der sich sattgefressen hat, und schwebt seitdem wieder »breitbeinig über die Landstraßen«. Jan Wagner erzählt diese grandiose Geschichte in freier Form und in nur wenigen Zeilen. Der »gugelhupf« soll hier aber auch noch erwähnt sein, für den der Dichter gleich die Zutaten mitliefert und der »weißdorn«, weil er sich im Mai am Wegrand ereignet. Es ist immer wieder eine Freude, die Gedichte von Jan Wagner zu lesen, und ein großer Spaß bis zum Finale, wo man dann sanft entschwebt, mit »schaf, hahn, ente«.

KulturKreis Walddörfer e.V. in der Bibliothek der Ohlendorff’schen Villa in Volksdorf, Im Alten Dorfe 28, 19.30 Uhr, € 15,–/13,–, Vorverkauf in der Buchhandlung I. v. Behr





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