Donnerstag 08.06.2023


Buchpremiere

So super, diese Frau Werner

frei
Ella Carina Werner, Foto: Julia Schwendner
In ihrem gefeierten Erzählband »Der Untergang des Abendkleides« (2020) erzählt sie von ihrer Geburt, ihren hochfliegenden Plänen, aber auch von Menschen, etwa vom »Ding Dong« der Handwerker und von Onkel Bernhard, der sich lustvoll die Pfeffermühle auf den Kopf haut. In den neuen Geschichten aus dem Leben von Ella Carina Werner hängt Onkel Bernhard nun »halb auf dem Teppich« und ist Feminist, »ein bisschen Restsexist« und Frauenfußballfan. Doch auch sonst schöpft die Mitherausgeberin des Satiremagazins »Titanic« und Autorin der monatlichen Kolumne »Rosen in Beton« höchst »inspirierend« aus ihrem reichen Erfahrungsschatz als Frau. Das geht schon mit dem Titel los: »Man kann auch ohne Kinder keine Karriere machen« (Rowohlt). Im Centralcomitee feiert Ella Carina Werner die Buchpremiere.

Es gibt da eine männliche Linie herausragender Satiriker, zu der in der Hamburger Literatur so prominente Autoren wie Joachim Ringelnatz und Heinz Erhardt gehören, aber auch Heino Jäger und später dann Otto Waalkes als Blödelbarde der Neuen Frankfurter Schule, die sich u.a. mit Robert Gernhardt und F. W. Bernstein um die Satiremagazine »Pardon« und »Titanic« gruppierte. Prominente Vertreter der zweiten Generation sind wieder lauter Männer, darunter Max Goldt, Gerhard Henschel, Ernst Kahl und Thomas Gsella, der sagt: »Natürlich ist Ella Carina Werner eine Frau. Aber eine lustige!«
Da hat er mal ganz recht, denn die 1979 in Ostwestfalen als Tochter eines Psychologen und einer Bauchtänzerin geborene Satirikerin mischt den Neuen Frankfurter Gemischtwarenladen schon seit einigen Jahren ordentlich mit Geschichten auf, die eine eigene Klasse begründen. Und in der geht es oft um die großen Fragen des Lebens, die Ella Carina Werner in kleinen, heillos skurrilen Szenen aufwirft. Gleich in der Auftakterzählung »Ich bin gerne eine Frau« erfährt man, dass es auf dem Damenklo der Hamburger Staatsoper »herrlich horizonterweiternd« ist, wenn fünfzig, sechzig Frauen sich den »Vorraum der drei Damentoiletten« teilen. Von existenzieller Wucht ist die Erzählung »Das zehnte Jahr«, in der alltagstaugliche neue Unterwäsche gefunden werden muss und dafür eine Dessousverkäuferin aufgerufen wird, die sich als »Schlaumeierin« in Körperfragen erweist. Vom »Frauensaufen« bei einer Whiskeyverkostung über »das herrlichste Bett der Welt«, den Muskelkater von Männern über vierzig nach dem Sex und eine »lebenspralle, blutvolle Story mit allem Drum und Dran«, hier wird ganz schamlos humorvoll und mit viel Hintersinn durchdekliniert, was schön und gut ist im Hier und Jetzt, ohne all die Abgründe auszulassen, über die wir sonst gedankenlos hinwegstolpern. Am Ende erfüllen sich in der Erzählung »Mein Buch« sogar noch die kühnsten (Autorinnen-)Träume: Niemand kann mehr aufhören damit, ihre Geschichten zu lesen, weil sie so lustig sind, das geht sogar den Wolken so und dem Indischen Ozean. So super, diese Frau Werner.

Centralkomitee Hamburg, Steindamm 45, 20.00 Uhr, € 16,75





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