Montag 05.05.2025
Festival
»Hamburg liest die Elbe«

»Elbschwimmen« von Stina Semrau aus der Ausstellung »wellenschlagen«. Illustrationen zur Elbe (5.-26.5.) © 2025 Stina Semrau Stina Semrau
Die Literatur gerät auf dem Geesthang über der Elbe in Altona oder Blankenese fast von alleine ins Blickfeld: Während der französische Romancier Stendhal die »wahre Schönheit« des Elbpanoramas in Altona einst sogar mit dem berühmten Blick vom Hügel Posillip auf Neapel und den Vesuv vergleichen lässt, schwärmt der berühmte Hamburger Dichter Wolfgang Borchert in Blankenese über »die Sterne« in der Elbe und freut sich kindisch darüber, wie sehr der Fluss nach dem »Abwasser einer Großstadt stinkt«, um in jugendlichem Übermut zu dem Schluss zu finden: »Um uns Blankenese. Über uns der Himmel. Unter uns die Elbe. Und wir: Mitten drin!« Ein paar Jahrzehnte später sieht der Dichter und bekennende Idylliker Peter Rühmkorf, dessen Werke in einer Schreibstube hoch über dem Fluss in Övelgönne entstanden sind, »die Elbe um 10.00 morgens wie eine hingeschmissene Glasscheibe« und den Himmel über dem Hafen »als Scheuerlappen mit ein paar lichten Rissen« darin.
Impressionen über die Elbe sind ein zentrales Motiv der Hamburger Literatur, das auch in der Gegenwartsliteratur immer wieder eine Hauptrolle spielt: Zum Festivalauftakt (05.05.) stellt Katharina Hagena ihren brillanten neuen Roman »Flusslinien« vor, in dem das Falkensteiner Ufer und der Römische Garten in Blankenese die Bühne für ein großes Welttheater über die Liebe und den Tod, Freundschaft und Verrat bilden. Klassische und eigene Text über die Elbe lesen zur Eröffnung auch Till Raether, die Schauspielerin Nicole Heesters, die Musikerin Lina Maly und der Rapper Das Bo. Gleichzeitig wird an dem Abend im Lichthof der Stabi die Festival-Ausstellung »wellenschlagen« eröffnet. Zu der Ausstellung mit Arbeiten von Illustrationsstudierenden der HAW Hamburg ist ein »Mastermagazin« mit Comics, Illustrationen und Reportagen über die Elbe entstanden, das die Studierenden (14.05.) im Literaturhaus vorstellen.
Zu einem Ausflug direkt an die Elbe laden Anna Magdalena Bössen und Jan Jepsen, der im ehemaligen Lotsenviertel in Övelgönne aufgewachsen ist. Jepsen begibt sich mit seinem Roman »Wie die Wilden« auf eine literarische Spurensuche und stellt mit Anna Magdalena Bössen die schönsten »Ö-Töne« aus dem reichen Fundus all der Geschichten und Gedichte vor, die in Övelgönne entstanden sind. »Vierstimmiges über die Elbe« präsentiert der Chor »Andere Saiten« (18.05.) in der Schwedischen Gustaf-Adolfs-Kirche vor, während Marion Gretchen Schmitz, Johannes Kirchberg, Alexander Paperny und Pavel Ehrlich für ihren musikalisch-literarischen Abend (20.05.) mit Texten von Borchert, Ringelnatz und Rühmkorf vorausschicken: »Wir sagen, brüllen, seufzen: Elbe«. Die Autor:innen des writers‘ room Hamburg laden zu einer »Laternenlesung« (24.05.) auf der Ringelnatztreppe und zu einer »Wanderlesung« von den Landungsbrücken durch den alten Elbtunnel in den Hafen, aber auch, wer sich alleine auf den Weg machen will, ist dazu unter dem Motto »Kein Grund genug« eingeladen, unter dem Felix Mayer und Marie-Alice Schultz einen »Hörspielspaziergang« konzipiert haben. Er führt von der MS Stubnitz über den Grasbrook bis nach Georgswerder. Zwischen Bauten und Flächen mit ungewisser Zukunft nehmen sie mit kurzen Hörstücke zum Nachdenken die Stadtgestaltung im Spannungsfeld von Erinnerungskultur und Spekulation in den Blick. Die Bauruine des Elbtowers kann man unterwegs dabei ganz gelassen links liegen lassen.
Das ist nur ein sehr kleiner Auszug aus dem Gesamtprogramm von »Hamburg liest die Elbe«, das vollständige Programm finden Sie auf literaturinhamburg.de und auf der Festivalwebsite hamburgliest.de.