Montag, 09.11.2020
09. – 13. November
Digital Edition des Literatürk Festival
Alle Aufzeichnungen werden auf dem YouTube Kanal des Literaturtürk Festivals veröffentlicht.
Publikumsgespräch
»Zugabe« mit Anna Katharina Hahn
Anna Katharina Hahn, Foto: Heike Steinweg
Ein dicker fetter Pfannkuchen schält sich lautlos und in Zeitlupe von der Küchendecke. Elisabeth sieht fassungslos dabei zu und bleibt trotzdem wild entschlossen. Sie will es unbedingt noch zum Besseren richten, obwohl längst alles schief gelaufen ist. Ihre ganz typisch schwäbische, streng pietistische Erziehung lässt ihr überhaupt keine andere Wahl. Gleich mit diesem Auftakt sind wir mittendrin im reichen erzählerischen Kosmos von Anna Katharina Hahn und vor allem beim Essen, dem Leitmotiv ihres Romans. Da ist der kleine Bruno, der in der Schule nur als »Fetti« verspottet wird, weil ihm nichts Essbares entkommt. Wie die Kinder in dem berühmten Volksmärchen wird er den dicken fetten Pfannkuchen am Ende kriegen, schon weil seine Großmutter Elisabeth kaum in der Lage dazu ist, ihn und seine pubertierende Schwester Stella im Zaum zu halten.
Als Elisabeth ihrer Tochter Cornelia zugesagt hat, sich um die Enkelkinder zu kümmern, damit die alleinerziehende und berufstätige Mutter für eine kleine Auszeit in die USA verreisen kann, ist sie sich sicher, das alles, vor allem mit Unterstützung von ihrem Mann, ohne Probleme hinzukriegen. Doch der hat sich unterdessen für einen Neuanfang mit einer anderen Frau davongemacht, so wie schon zuvor Cornelias Mann Dimitrios, der sein Lebensglück unabhängig von der Familie in der alten Heimat Griechenland sucht.
Elisabeths Welt ist aus den Fugen, und sie ist untröstlich, bis in der schlimmsten Not mit den Kindern ein alter Bekannter auftaucht, der »Linsenmaier«. Aus grobem Leinen genäht und mit Linsen gefüllt, schauen seine Augen »fast lebendig« in die Welt, und er scheint alles mitzukriegen. Trostfigur und Schutzgeist war er schon für Elisabeths Mutter, jetzt beginnt er, tatkräftig unterstützt von Elisabeth, davon zu erzählen, wie er einst nach Amerika kam und dort sogar sein Innenleben hergeben musste. Gleichzeitig ist Cornelia in den Weiten des amerikanischen Hinterlandes auf der Suche nach der »amerikanischen Verwandtschaft« der Familie und nach einem »Gruselhotel«, dem »Schauplatz so vieler Albträume« ihrer Urgroßmutter. Fündig wird sie in Meadville, wo die Ereignisse ebenso wie in Stuttgart einem rassanten Finale entgegen steuern.
Nach der Lektüre reibt man sich dann doch erstaunt die Augen darüber, wie souverän und leicht sich all die Motive, Bilder, Ereignisse und kleinen Geschichten bei Anna Katharina Hahn auf einer relativ kurzen Lesestrecke in ein großes Ganzes fügen. Bleibt nur noch mit einem schwäbischen Sprichwort ganz im Geist dieses großartigen Romans zu sagen: „Ned gschompfa isch globt gnuag!
Literaturhaus per »Zoom«, 20.30 Uhr, Spende erwünscht, Anmeldungen an tickets@literaturhaus-hamburg.de
Abgesagt
Buchbinden
Besucher des Museums erfahren hier, wie sie ihr altes Lieblingsbuch retten können, oder bekommen Unterstützung bei der Planung eigener, kleiner Buchbindeprojekte.Museum der Arbeit, Wiesendamm 3, 17.00 bis 19.00 Uhr, Museumseintritt plus Materialkosten
Abgesagt
Buchdruck
Die Offene Werkstatt hat eine lange Tradition und ist besonders beliebt bei allen, die das Museum bei der Arbeit erleben wollen. Ehemalige Setzer und Drucker sowie angelernte Kolleginnen und Kollegen geben einen Einblick in ihren früheren Arbeitsalltag im Grafischen Gewerbe und helfen bei der Herstellung eigener kleiner Drucksachen.Museum der Arbeit, Wiesendamm 3, 18.00 bis 21.00 Uhr, Museumseintritt plus Materialkosten
Leif Randts Roman »Allegro Pastell«
Akuter Crush, Echtes Enjoyment
In seinem neuen Roman »Allegro Pastell« (Kiepenheuer & Witsch) erzählt Leif Randt eine beinahe klassische Liebesgeschichte. Da sind zwei, die zueinander passen, sich finden, sich lieben – und sich doch nicht kriegen. In der Literatur wurden aus diesem Stoff schon viele große und vor allem auch leidvolle Dramen gewebt. Bei Leif Randt köcheln die Ereignisse nun in konstant mittlerer Betriebstemperatur vor sich hin, kunstvoll zwischen Ironie und Ernst, zwischen Spaß und tieferer Bedeutung changierend, ohne sich je selbst zu entlarven. Sie erzählen von einem kurzen Moment größten Glücks und seinen Schattierungen in den verschwimmenden (Pastell-)Farben eines kaum fassbaren Hier und Jetzt.Annette Mingels Roman »Dieses entsetzliche Glück«
Willkommen in Hollyhock
In einem Reigen aus fünfzehn Geschichten erzählt Annette Mingels in ihrem neuen Roman »Dieses entsetzliche Glück« (Pinguin) von Freundschaft und Liebe, aber auch von den Brüchen und Verwerfungen des Lebens. Obwohl es kein klassischer Roman mit einer durchgängig stringenten Handlung ist, sondern ein literarischer Hybrid ohne klares Zentrum, ist man ganz schnell in diesem erzählerischen Kosmos gefangen. Das liegt an der brillanten Dramaturgie und sehr fein austarierten sprachlichen Mikroökonomie von Annette Mingels Prosa.Mit Ilja Leonard Pfeijffer im »Grand Hotel Europa«
Nilpferde zählen
Monatelang führte Ilja Leonard Pfeijffer mit »Grand Hotel Europa« in den Niederlanden die Bestsellerlisten an, das Buch wurde »Roman des Jahres« und in Kritiken euphorisch als Meisterwerk gefeiert. Eine »mitreißende Liebeserklärung eines selbstironischen, philosophierenden Europäers« verspricht uns der Piper Verlag mit der deutschen Übersetzung von Ira Wilhelm. Gleichzeitig ist dieser Roman aber auch die ungenierte Selbstinszenierung eines Autors als Genius loci mit einem grandios nostalgisch verwehten Blick auf Europa und die Welt.Vorgelesen
ZIEGEL Speed Dates als Videoclips
In diesem Jahr wurden die Speed Dates des Hamburger Literaturjahrbuchs »ZIEGEL« zur »literatur altonale« digital realisiert. Simone Buchholz ist für eine Lesung auf den Altonaer Balkon gekommen und Friederike Gräff ins Studio, Sebastian Stuertz streift lesend durch den laubgrünen Volkspark, Frank Schliedermann liest auf der Terrasse der Kulturetage und Leona Stahlmann in der Requisite des Kurzfilm Festival Hamburg. Realisiert wurden die Clips für »altonale digital« in Kooperation mit der University of Applied Sciences unter der Leitung von Maike Mia Höhne.ZIEGEL Speed Dates als Videoclips
Abgesagt
»Allein gegen Hitler«
Der Schauspieler Jens Harzer liest aus Georg Elsers Verhörprotokoll der Gestapo, Helmut Butzmann erzählt vom Widerstandsweg des Möbeltischlers, der am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller ein gut geplantes und doch gescheitertes Attentat auf Adolf Hitler durchführte.
Uebel & Gefährlich, Ballsall, Feldstr. 66, 19.30 Uhr