Montag 04.03.2024


Sprechende Bilder

12. Hamburger Graphic Novel Tage

Bis in die Antike gehen die Ursprünge von erzählenden Bildern zurück, und Sprechblasen, die uns heute als Textelemente in Comics so vertraut sind, fanden in Form von Spruchbändern zu Bildern auch schon im Mittelalter Verbreitung. Ein früher Fan des Genres war der Klassiker Johann Wolfgang Goethe, der von den ersten Comics des Schweizer Zeichners Rodolphe Töpffer schwärmte, sie seien »ganz unübertrefflich«. Und wo stehen wir heute? Die Themen und Strategien der »Sprechenden Bilder« sind so vielfältig wie die Literatur selbst. Einen Einblick in das Genre geben mit einem so akzentuierten wie unterhaltenden Programm und Gästen aus dem In- und Ausland die 12. Hamburger Graphic Novel Tage. Kuratiert und moderiert wird das Festival von Andreas Platthaus.

Zum Auftakt der Graphic Novel Tage treffen sich zwei Zeichnerinnen unter dem Titel »Heldenhafter Feminismus« (04.03.), die nicht nur ein feministischer Blick bei scheinbar lieblicher Ästhetik verbindet, sondern auch die Begeisterung für japanische Mangas. Die französische Autorin Nancy Peña, geboren 1979, hat Japan sogar zu einem ihrer bevorzugten Gegenstände gemacht, mit ihrem Comic »Le chat du kimono« gelang ihr 2007 der Durchbruch, der vierte Band der historischen Fantastik-Erzählung ist erst vor wenigen Monaten in Frankreich erschienen. Die in Berlin lebende Zeichnerin Katja Klengel, geboren 1988 in Jena, ist nicht nur mit Mangas groß geworden, sondern hat sie zu einem ganz eigenen Zeichenstil weiterentwickelt. Mit ihrem Comic »Blattonisch« war sie 2012 aber auch eine Pionierin autobiografischer Blog-Comics. Bekannt wurde sie dann durch ihren 2018 erschienenen Comic »Girlsplaining« (Reprodukt), in dem sie weibliche Rollenklischees thematisiert.
Ein Werkstattgespräch (05.03.) mit Debüts aus der Hamburger Szene kuratiert zum zweiten Mal bei den Graphic Novel Tagen der Hamburger Zeichner und Illustrator Sascha Hommer. Zu Gast ist Ay?e Klinge mit ihrem bei Kibitz erscheinenden Kindercomic über zwei Mädchen, von denen das eine ein Vampir, das andere eine schikanierte Außenseiterin ist. Seinen historischen Comic »Zeter und Mordio« (Herbst 2024 im avant-Verlag), der von einem realen Kriminalfall aus dem Hamburg des Jahres 1687 erzählt, wird Jens Cornils vorstellen. Und Judith Kranz präsentiert ihren Comic »SOMA« (Frühjahr 2025 bei Reprodukt), der in einer postapokalyptischen Welt angesiedelt ist.
Es ist gar nicht so selten, dass Comics in Arbeitsgemeinschaften (06.03.) entstehen, Beispiele dafür sind René Goscinny und der Zeichner Albert Uderzo, die mit »Asterix und Obelix« die erfolgreichste französische Comicserie schufen oder Stan Lee und Steve Ditko, deren »Amazing Spider-Man« der erfolgreichste Superheld der Comicgeschichte wurde. Eine ziemlich erfolgreiche Arbeitsgemeinschaft bilden aber auch die Hamburger Comiczeichnerin Line Hoven und der Berliner Schriftsteller Jochen Schmidt. Gemeinsam haben die beiden die Bildergeschichtenserien »Dudenbrooks«, »Schmythologie« (C.H. Beck) und »Paargespräche« (mairisch) veröffentlicht.
Einen neuen Arbeitsplatz hat Line Hoven im letzten Jahr im Ladenatelier »Fritzen« ihrer Kollegin Maren Amini gefunden, die wiederum 2023 die höchstdotierte deutsche Comicauszeichnung, den Comicbuchpreis der Berthold Leibinger Stiftung, gewonnen hat. In dem prämierten Band »Ahmadjan und der Wiedehopf«, der im kommenden Herbst bei Carlsen erscheinen wird, erzählt Maren Amini gemeinsam mit ihrem Vater Ahmadjan dessen Lebensgeschichte. Er fand nach seiner Flucht aus Afghanistan in Deutschland ein neues Zuhause. Zum Abschluss der Graphik Novel Tage geht es mit diesen zwei Arbeitsgemeinschaften darum, wie man kollektiv Comics gestaltet – und ob Zusammenarbeit Comics besser macht.

Literaturhaus, Schwanenwik 38, 19.00 Uhr, Einzelticket: € 12,–/8,–, Streaming € 6,–, Festivalticket: € 35,–/20,–/Streaming € 12,–/Für Studierende freier Eintritt im Saal






Literatur in Hamburg