Samstag, 20.08.2022
ZIEGEL-Lesungen in der HafenCity
»Irgendwas mit Tieren«
Tomer Gardi bei Verleihung des Leipziger Buchpreises in diesem Frühjahr, Foto: Amrei-Marie, Wikipedia
In »Eine runde Sache« reisen zwei Künstler aus zwei unterschiedlichen Jahrhunderten durch sprachliche und kulturelle Räume und sind immerzu in Bewegung. Fremdheitserfahrungen, Identität, das Leben als Künstler und jede Menge Politik sind die großen Themen des Romans, der mit dem Preis der Leipziger Buchmesse 2022 ausgezeichnet wurde.
Zuerst schickt sich Tomer Gardi selbst, auf Deutsch verfasst, als literarische Figur mit dem sprechenden Deutschen Schäferhund Rex und dem Elfen- oder gar Erlkönig an seiner Seite auf eine fantastisch-abenteuerliche Odyssee. Slapstickartig, komisch und mit vielen unterschwelligen Nadelstichen peitscht der Wind in die Segel. Im zweiten Teil des Romans, übersetzt aus dem Hebräischen, folgen wir dem im 19. Jahrhundert lebenden indonesischen Maler Raden Saleh von Java durch Europa und zurück nach Asien – ein historischer Roman und zugleich ein Abbild unserer Zeit.
Virtuos spielt Tomer Gardi mit Sprachen. Mit all seiner Originalität und dem Überbordwerfen konventioneller Romankonzeptionen löst er auch die Krux mit der Wahl der Sprache, die sein literarisches Ich martert. Sagt es zu Beginn des Romans doch, »dass ich ein Idee für eine Geschichte habe, weiß aber nicht, ob ich es auf Hebräisch schreiben soll, oder auf meinem Deutsch. (…) Jeder Stimme wird ja was anderes und unterschiedliches Ausdrücken können. Andere und unterschiedliche Fantasien entwickeln, von andere und unterschiedliche Lebenserfahrungen erzählen können. (…) Und wie kann ich entscheiden?«
➝ Literaturkontor Hamburg, HafenCity Hamburg auf dem Amerigo-Vespucci-Platz, 17.00 Uhr, Eintritt frei. Bei Regen: HafenCity InfoCenter im Kesselhaus, Am Sandtorkai 30, 17.00 Uhr. Um 15.30 Uhr startet eine kostenlose Führung vom Kesselhaus durch die HafenCity zum Amerigo-Vespucci-Platz.
»Diasporic Echoes« mit Dmitrij Kapitelman und Tayfun Guttstadt
»Eine Formalie in Kiew«
Dmitrij Kapitelman, Foto: Christian Werner
Dmitrij Kapitelman, der mit 8 Jahren als »Kontingentflüchtling« mit seiner Familie nach Deutschland kam und heute in Berlin lebt, erzählt in »Eine Formalie in Kiew« von seiner Familie und einer kuriosen Reise nach Kiew. Als er nach 25 Jahren in Deutschland beschließt, einen deutschen Pass zu beantragen, wird das zu einer nicht ganz einfachen Aufgabe. Obwohl er besser sächseln kann als die Beamtin, bei der er den Antrag stellt, soll er eine beglaubigte Geburtsurkunde vorlegen. Also reist er nach Kiew, seine Geburtsstadt, mit der ihn nichts verbindet außer ein paar Kindheitserinnerungen an eine Familie, die inzwischen schwer zerstritten ist.
Der Multiinstrumentalist Tayfun Guttstadt verbindet Hip Hop und Trap mit klassischen Vibes aus dem Mittleren Osten, mischt traditionelle Poesie mit Rap und wechselt zwischen bekannten Melodien und Live-Improvisation. Den Abend gestaltet er gemeinsam mit dem in Istanbul geborenen Komponisten und Santur-Musiker Hakan Tu?rul.
Es folgen Lesungen und Konzerte mit JJ Bola und Jean Jannochkin (25.08.), Gianni Jovanovic 20 junge Musiker:innen aus der Ukraine (26.08.), Duygu Agal und Rania Badri (27.08.).
Hier finden Sie die Programmübersicht: kampnagel.de
➝ Kampnagel, Waldbühne, Jarrestr. 20, 18.30 (Lesung) und 20.30 Uhr (Konzert), Eintritt frei
Open Air-Lesung
»Kriminelle Auslese«
Anke Küppers, Henrik Siebold, Bea Schreiner und Franziska Henze lesen aus ihren aktuellen Krimis.➝ Waldbühne im Altonaer Volkspark, Nansenstr. 84, 15.00 Uhr, € 5,–
Aktuelle Buchempfehlungen
Claudia Schumachers Debüt »Liebe ist gewaltig«
Zahlen, Dresche, Streuselkuchen
Claudia Schumacher, Foto: Roman Raacke
Wolf Haas und sein Bestseller »Müll«
Knie in Wanne 4
Wolf Haas, Foto: Gerry Nitsch
Lea Draegers neuer Roman »Wenn ich euch verraten könnte«
Das Unfassbare aussprechen
Lea Draeger, Foto: Paula Winkler
Yasmina Rezas neuer Roman »Serge«
Vom Kuddelmuddel einer Familie
Yasmina Reza, Foto: Pascal Victor
Hellmuth Opitz neuer Gedichtband »Flauschnacht Rauschnacht«
Schnabelarien früh um Fünf
Hellmuth Opitz, Foto: Helga Schöning
Abbas Khiders neuer Roman »Der Erinnerungsfälscher«
Erinnerungen wie Minenfelder
Abbas Khider, Foto: Peter-Andreas Hassiepen
Madame Nielsens neuer Roman »Lamento«
Das leuchtende Jetzt
Madame Nielsen, Foto: Frederike van der Straeten
Lucy Frickes Roman »Die Diplomatin«
Angst ist nur eine Ermessensfrage
Lucy Fricke, Foto: Gerald von Foris
Fatma Aydemirs »Dschinns«
Wahrheiten, die immer da sind
Fatma Aydemir, Foto: Sibylle Fendt
Helge Timmerbergs »Lecko mio«
Verstreute Identitäten
Helge Timmerberg, Foto: Federico Balboa
Mareike Fallwickls neuer Roman »Die Wut, die bleibt«
Collateral Damage
Mareike Fallwickl, Foto: Gyöngyi Tasi
Jens Eisels neuer Roman »Cooper«
Ein Fall für die Ewigkeit
Jens Eisel, Foto: Melina Mörsdorfs
Kristine Bilkaus neuer Roman »Nebenan«
Und still schweigt das alte Haus
Kristine Bilkau, Foto: Thorsten Kirves
Joshua Cohens neuer Roman »Witz«
»Das berühmte Oktadekamega«
Joshua Cohen, Foto: Adam Gong
Katharina Hagenas Buch vom Singen
Schläft ein Lied in allen Dingen
Katharina Hagena, Foto: Jürgen Abel
Anselm Nefts neuer Roman »Späte Kinder«
Denken, träumen, hoffen, fürchten
Anselm Neft © Jürgen Abel
Navid Kermanis Buch über Religion
Was wird sein, wenn nichts mehr ist?
Navid Kermani © Heike Bogenberger
Antje Rávik Strubels Roman »Blaue Frau«
Gespenster ans Licht holen
Antje Rávik Strubel © Philipp von der Heydt
Franz Kafka »Die Zeichnungen«
Das große Unbekannte im Werk von Franz Kafka
Zeichnung von Franz Kafka, © The Literary Estate of Max Brod, National Library of Israel, Jerusalem, Foto: Ardon Bar Hama
Asal Dardans »Betrachtungen einer Barbarin«
Direkt, nah und mit großer Lust am Dissens
Asal Dardan, Foto: Sarah Berger
Olli Jalonens »Die Himmelskugel«
An der Nahstelle einer neuen Zeit
Olli Jalonen, Foto: Pekka Nieminen