Donnerstag, 23.09.2010


Lesung

„Reckless“

Zum ersten Mal präsentiert Cornelia Funke zusammen mit Rainer Strecker ihren neuen Roman, der am 14. September gleichzeitig in Deutschland, England und den USA erschienen ist. Erzählt wird die Geschichte der beiden Brüder Jacob und Will Reckless, die in einer Märchenwelt atemberaubende Abenteuer erleben. Veranstalter: Buchhandlung Heymann, Dressler-Verlag.

Ort: Deutsches Schauspielhaus, Kirchenallee 36, 18.00 Uhr. Eintritt: 9.- Euro. Karten gibt es unter Tel.: 040-480930 bei der Buchhandlung Heymann.


Geschichte einer Nachstellung

Norbert Gestrein liest aus seinem neuen Roman. Moderation: Hubert Winkels. Veranstalter: Literaturhaus. Schwanenwik 38, 20.00 Uhr. Eintritt: 10.-/8.- Euro.


Die ganze Wahrheit
Norbert Gstrein, Die ganze Wahrheit, Hanser Verlag

Von einem „Skandal mit Ansage“ berichtet der Literaturkritiker Richard Kämmerlings für die FAZ, vom „Aufreger des Jahres“ und einem „Flop“ erzählt Tilman Krause für Die WELT, während in der ZEIT der „Realitätsübergriff“ eines Romans erkannt wird, um schließlich auf „Schundliteratur der Premiumklasse“ zu schließen. Der renommierte Hanser Verlag dagegen hat uns ein „ironisches, brillantes Vexierspiel“ im „Porträt einer Frau“ angekündigt, „die nur an eine Wahrheit glauben will: ihre eigene“. Und Norbert Gstrein, der Autor, dessen Roman hier verhandelt wird, setzt mit dem Titel gleich noch einen drauf, indem er uns „Die ganze Wahrheit“ verspricht. Diese ganze Wahrheit gipfelt gleich zu Anfang der Geschichte in der ungeheuerlichen Unterstellung: „Sie hat ihn umgebracht.“


Dagmar, die betörende Verlegergattin aus Wien, ist in ihrer Herrschsucht, der Ausschließlichkeit, in der sie den Verleger Heinrich Glück für sich einnimmt und ihrem Faible für kabbalistische Umtriebe geradezu prädestiniert für derartige Anfechtungen. Nachdem sie auch noch ein Buch über den Tod ihres Mannes geschrieben hat, wird es dem langjährigen Verlagslektor und Freund des Verlegers zu bunt: Er weigert sich, das Buch zu publizieren, wird entlassen und schreibt selbst ein Buch, das „Die ganze Wahrheit“ über Dagmar aufzeigen will. Diese Nachstellung der Vereinnahmung eines Lebens hat uns Norbert Gstrein als Roman vorgelegt, wohl wissend, dass hier kein fiktionales Gebräu verhandelt werden würde, sondern der „Realitätsübergriff“ auf die Verlegergattin Ulla Berkéwitz-Unseld. Wie Gstreins Hauptfigur Dagmar, hat auch sie ein Buch über den Tod ihres Gatten, den Suhrkamp-Verleger Siegfried Unseld geschrieben, und sie ist über Jahre hinweg in erbitterten Streit über das Erbe ihres Mannes geraten. Norbert Gstrein, der bis vor wenigen Jahren selbst Autor bei Suhrkamp war, hat sich für seine Romane und Erzählungen immer wieder reale Vorlagen gesucht, zuletzt für seinen vielgelobten Roman „Das Handwerk des Tötens“, auch bei diesem Roman war er mit dem Vorwurf konfrontiert, auf unzulässige Weise eine reale Geschichte in eine Fiktion einfließen zu lassen. Richtig ist, dass die Vermischung von Fakten und Fiktion ein sehr verbreitetes literarisches Verfahren ist, vor allem aber ist es weder neu noch per se gut oder schlecht. Gstrein selbst setzt für seine Literatur gegen das Realitätsprinzip als Maßstab den Möglichkeitssinn: „Es ist nicht, wie es gewesen sein könnte.“ Mit diesem Determinismus im Gepäck ist man gut gewappnet gegen die Skandalisierung dieses Romans und kann sich ganz gelassen der Frage widmen, die dieses Buch vor allen anderen stellt: Was könnte die ganze Wahrheit über einen Menschen sein?


„Schlagworte“


Marcus Jaroch und Schroeder. Ort: Polittbüro. Steindamm 45, 20.00 Uhr. Eintritt: 15/10.- Euro.


Marcus Jaroch
Marcus Jaroch, Foto: Udo Hesse
All jenen, denen das Theater „zu schwer, zu anstrengend“ ist, die Lesungen zwar „lieben“, die aber auch nicht allein im Saal sein wollen, empfiehlt sich Marcus Jaroch als ein „Mann“, der „auseinanderstrebende Vorlieben miteinander vereint“. Wie das geht? Durch die hohe Kunst der Querdenkerei, durch viel Nonsens und gekonnt versteckte Philosophie. All das bietet dieser „dürre Einstein, dem die Gedanken aus den Haaren stauben“, wie es in der Landshuter Zeitung hieß. Jaroch ist Kabarettist, Clown und Jongleur und dabei doch ein Sprach- und Wortkünstler von großen Gnaden. Zusammen mit Schroeder, einem Magier der feinen Töne, einem Entdecker an Schlagwerk, Kreppband und anderem Spielgerät, entführt Marcus Jaroch im Polittbüro in eine Welt des Klangs, in der sich Wortkaskaden und Kinderkrach zu einer heiteren Verbalattacke auf das zusammenfinden, was uns sonst so selbstverständlich erscheint.


Vortrag

Ein Plädoyer für demokratische Wachheit

Freimut Duve spricht über „Bürgerrechte und Bürgerpflichten“. Welche Aufgaben muss jeder Einzelne erfüllen, damit ein Leben in Freiheit für alle möglich wird? Gibt es einen Katalog allgemeingültiger Verhaltensregeln für den Staatsbürger? Welche Rolle spielen in einer Demokratie Religion und Herkunft? Und wie beeinflusst die Allgegenwart der Medien im 21. Jahrhundert die Rechte und Pflichten der Bürger? Das sind einige der Fragen, die Freimut Duve in seinem Vortrag zu beantworten versucht.

Veranstalter: Mahnmal St. Nikolai, Kulturforum Hamburg e.V. Ort: Mahnmal St. Nikolai, Willy Brandt Str. 60, 19.00 Uhr. Eintritt frei.


Lesung und Musik

„Gut zu hören: Prosa aus Kroatien“

Susanne Sternberg liest aus „Baba Jaga legt ein Ei“ von Dubravka Ugresic. Tatjana Kukoc (Gitarre) musiziert. Moderation: Erika Werner.

Veranstalter: S.T.I.L. e.V. Ort: SternChance, Schröderstiftstr. 7 (im Schanzenpark), 20.00 Uhr. Eintritt: 8.-/5.- Euro.


Naturführer
Garth Ris Hallberg, Ein Naturführer der amerikanischen Familie, Liebeskind Verlag

Buchpräsentation

„Ein Naturführer der amerikanischen Familie“

Ein Bestimmungsschlüssel und ein Schlagwortregister gehört ebenso zu diesem „Naturführer“ wie farbige Bildtafeln, zudem verspricht der Liebeskind Verlag, dass er „für den Laien ebenso geeignet ist wie für den wissenschaftlichen Gebrauch“. Von all dem abgesehen sind die 63 Momentaufnahmen, in denen der New Yorker Schriftsteller Garth Risk Hallberg sich dem natürlichen Habitat der amerikanischen Familie widmet, aber dann doch nicht wissenschaftlich, sondern fügen sich zu einer Romanhandlung: Die Hungates und die Harrisons sind Nachbarn in einem New Yorker Vorort. Jack und Frank leihen einander ihr Werkzeug, Marnie und Elizabeth verbringen die Nachmittage gemeinsam am Pool, die Kinder sind im gleichen Alter. Manchmal trifft man sich auch am Wochenende zu einem Barbecue. Kurzum, die nachbarlichen Verhältnisse könnten nicht besser sein. Doch nach dem plötzlichen Tod von Frank Harrison gerät die Welt aus den Fugen. Die Hungates lassen sich zur großen Überraschung aller Nachbarn scheiden, und Frank Harrisons Tochter Lacey verliebt sich in deren Sohn Gabriel, was eine Reihe von Verwicklungen auslöst, die in einer Katastrophe enden. Bei Cohen + Dobernigg stellt Garth Risk Hallberg seinen Roman zusammen mit Sven Amtsberg vor, der die deutschen Textauszüge lesen wird.

Veranstalter: Cohen + Dobernigg Buchhandel, Sternstr. 4, 21.00 Uhr. Eintritt: 6.- Euro.


Lesung

„MeeresLust“

Vera Rosenbusch und Dr. Lutz Flörke präsentieren Texte von u.a. Homer, Heine, Thomas Mann und Ringelnatz.

Veranstalter: Hamburger Kammerspiele. Hartungstraße 9-11, 19.00 Uhr. Eintritt: 18.-/15.- Euro.


Lesung

„Die Grenze“

Mit einer Lesung aus den letzten Briefen von Walter Benjamin und aus anderen Zeitzeugnissen und Dokumenten, erinnert das literarische Café im Christianeum an die Situation der deutschen Emigranten in Frankreich und Spanien, die verzweifelt versuchten im Zweiten Weltkrieg, oft über Lissabon, Europa zu verlassen.

Veranstalter: Literarisches Café im Christianeum. Otto-Ernst-Str. 34, 19.30 Uhr. Eintritt frei.


Literatur in Hamburg